gestrüpp gut eingehegt
geschrieben in Stecknitztal
der kanal: atmet
die luft ist grün
am kanal linksbündig
unser joggen durch
gestrüpp
gut eingehegt
wächst es randlings
der stadt pastellene
balkone: 6
blinken blass wie
an morgenden am meer
doch abend besingen schon die vögel
hier die ufer beginnen
laut das duften
die gräser: gold
teilen bärtige blumen
strähnig ihre kinder
die nehmen das taglicht mit
zur nacht wohl
wie die königskerze
am hang struppig
eine toskanazypresse
auch hier schadet nicht
ihr licht denn
gebüsch greift
uns an
im schnellen blick im
schnellen gang stolpern
krallen die widerhaken der kletten und brombeeren
entern dunkel
den weg
die weide: jault
eine spitzmaus
bereits zerquetscht
das kennen wir da sind
wir unbesorgt aber
auch anderes getier
pflegt zu jaulen
die weide eine krake
das ried
punktuell gerodet wohlbekannt wohl verwandt mit uns diese
stückelung doch leise angst uns zu verirren im gewirre im wasser
im gewirre am land
im gewitter gar
ein falter eben
noch witternd sein weiß
dem holunder
zum magenta und
grün gegeben harrte
schlägt sich in büsche
wir möchten fast: ja
es ihm gleichtun
uns zwischen beharrlich
reibenden schenkeln der weide eine weile bergen
hören wie die blätter
dem regen begegnen selbst wenn wir wenig weiter sagen können diese berührung
gibt es
das licht: brandet
die beine der möhre wild weißblond gestachelt wie
unsere auch
eine spinne schwebt
im nichts der himmel
unbeständig grell
gleißend sein licht
gleichmäßig an
alle körper brandet
die taube die motoren ein schwappen ein
zirbeln der kopfschmerz
eine frage
in der luft die grillen
trocken das gras
rasseln darin dörr
auch das gewohnt
seit einigen jahren
diese hitze
kommt von den käfern denken wir die kommt
von denen die sich
begatten befühlern
ihr weißblühendes bett
mit fragenden füßen
und fraglosen rüsseln
im saft
rot und dann zitternd
in der luft
als zauderten sie
hätten nichts gelernt nur dies eine begehren: zu fliegen
der breitwegerich: wogt
in korallenriffen
vom weg wogt
lockiges kraut
mit straffen dolden
hat seine kerzen gezündet wem leuchtet
er und kamille
die kennen wir
aus beuteln
der saure ampfer zeigt
spuren von hungrigen tagen
tieren mit
ernstem blick und
beinen: fein gefaltet
die wilde rose erlischt zischt rosa die luft
der atem kümmert
sich kaum ums
gehege
hindurch zu rennen
er trinkt seine farben
jenseits der gräben
und wuchernd und
wurzelnd:
die klette
bis zu 1 meter
und die hexen brauten daraus einen trunk
heilen daran glauben wir nicht mehr
und doch riecht
der holunder so seltsam
tief
die haut: knackt
in furchen
der esche wärmen
wir die hände wie am weg: er brütet
uns was will schlüpfen
aus rinden sie wirft
ihren schatten silbern aufs rinnsal da knackt
die haut zuckt
mit der flanke eine kuh verscheucht unsichtbare wesen
die kicken kleine beben an steht der tanz
der mücken
darüber es stößt
an herzeigene
taubheit eine feinheit
die uns nicht egal
sein kann
dämmerblau dampfen
die leiber und
wir selbst
unverhofft verlaufen
im gelände: wuchert
brennnessel
ihre brust gezähnt
nährt sie
die zerzausten
sucher trinkt vom fluss
seine sommersprossen
trägt der
begradigt blinkend
zur see
die winde: webt
das schilf hält sie aufrecht
die winde fragt nicht
zu weben diese
freundschaft im wind
sie wiegen sich
wir wiegen uns
in sicherheit denn
aufrecht auch
die schilder
zählen zahm: 5 4 3 2
einen countdown
einem zweck dienlich
starr ihre vertikalen
die mögen wir
das beruhigt
denn zahllos
die krummen gräser
deren samen
wie sie uns lehren
zu keimen zu wachsen zu blühen zu säen zu sterben
auch das: du
grausames gestrüpp
gut eingehegt aber
umhin kommen wir nicht: zu stolpern
zu streicheln
wenn wir am ende dann am boden liegen und sonnenfelder ziehen über uns wie fell
einer freundlichen kuh
Alle Texte
- »Inventur. Kindheiten. Wuchs.« von Viktor Dallmann
- »Scherbenhirte« von Christina Srebalus
- »Plankenwiese« von Anja Schwennsen
- »Heldenreise« von Judith Gridl
- »gestrüpp gut eingehegt« von Anna Egerter
- »Ich habe einen Mann aus Holz im Rücken« von Sigune Schnabel
- »Landgraben. Vom Entgrenzen« von Steffen Greiner